Skat-Strategien: Unfaires Reizen oder einfach trickreich?

sylerl, 21. August 2018, um 17:44

Am letzten Sonntag gab es bei unserer sonntäglichen Skatrunde folgenden Streifall:

Ein Spieler reizt ohne Buben und ohne jede Karo-Karte 18 und hält dann 20 nicht.

Meine Frage: Ist dies ein "normaler", legaler Trick, um den Alleinspieler zu verwirren, ist dies ein unfaires Spiel, weil dadurch Mit- und Alleinspieler über die Kartenverteilung getäuscht werden oder ist dies gar ein Regelverstoß im Sinne eines "Mauerns" oder "Abreizens"?

Ramare, 21. August 2018, um 17:48

Die Antwort dürfte einfach sein.
Er hat ein sehr schwaches Spiel, mit dem Skat aber evtl. doch ein Spielbares.
Und er wollte, das nicht eingepasst wird.

Ex-Stubenhocker #85097, 21. August 2018, um 18:16
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sylerl, 21. August 2018, um 18:22

Hallo Ramare,

danke für deine Antwort, ich möchte die Frage aber noch einmal präzisieren.

Grundsätzlich gehe ich - hoffentlich richtig - davon aus, dass man aus den Reizgeboten der Mitspieler Ableitungen über deren Blatt treffen kann. Wenn jemand also 18 sagt, 20 aber nicht, so gehe ich davon aus, dass dieser Mitspieler Karo spielen möchte.

Dies war aber nicht der Fall, sondern der Mitspieler hatte überhaupt kein Karo auf der Hand, er hätte also entweder sofort passen oder bis zu einem höheren Reizwert gehen müssen. 18 sagen und dann bei 20 passen war also ein völlig willkürliches Reizverhalten und mein Mitspieler hat mir auch bestätigt, dass er sich während des Reizens umentschieden hat.

Insgesamt halte ich dies für mindestens unglücklich, eventuell sogar unfair, weil durch ein solches Verhalten den anderen Spielern (nicht nur dem Alleinspieler) Informationen vorenthalten werden. Gibst Du mir da Recht?

sprachlos, 21. August 2018, um 18:31

das ist doch völlig normales reizen,
schwaches blatt, wenn keiner mitreizt,
schau ich in skat, reizt einer mit, ist es sein spiel.

und auf was ich reize, ist immer noch meine sache.

fun-junkie, 21. August 2018, um 18:38

Kann einige Gründe haben:
1. Wie Ramare schon schrieb: Er hat nur einen Ansatz, womit er nicht einpassen möchte.
2. Er hat ein Herz und hält deswegen die 20 nicht.
3. Er hat ein starkes Gegenblatt gegen Herz, Pik und Kreuz und möchte das Karo blocken.

Also:
1. ist normales Reizverhalten;
2. das eigene Spiel nicht zu halten, ist legal;
3. wenn ihm bewusst ist, was er macht, was er damit erreichen möchte und welche Auswirkungen das für Gegen- und Mitspieler und ihn selbst hat, ist das auch ein legaler Trick.

Ex-Stubenhocker #230010, 21. August 2018, um 18:41

Im Krieg in der Liebe und beim Skat ist alles erlaubt :😄

sylerl, 21. August 2018, um 18:57

Liebe Community,

herzlichen Dank für eure Antworten, da war ich scheinbar doch auf dem Holzweg. Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber sagen, dass ich auf einer anderen Skat-Seite im Internet gelesen habe, dass "ein guter Skatspieler nie bei einem willkürlichen Reizwert passt, sondern sich der Wert bis zu dem der Spieler mitreizt aus seinen Karten ergibt". Daraus hatte ich - offensichtlich falsch - abgeleitet, dass es mindestens verpönt ist, das eigene Spiel nicht zu halten bzw. zu reizen, nur um (im konkreten Fall Karo) zu blocken.

Also nochmals besten Dank für eure Antworten.

fun-junkie, 21. August 2018, um 19:14

Leider gibt es hier keine Zitierfunktion, deswegen altmodisch:
"Grundsätzlich gehe ich - hoffentlich richtig - davon aus, dass man aus den Reizgeboten der Mitspieler Ableitungen über deren Blatt treffen kann"
Das ist leider falsch.
Das ist der Zustand, wie er schön wäre, so ist er aber leider nicht immer.
Jetzt mal einige Gegenbeispiele, wo es um Farbe und Bubenanzahl geht:
MH sagt 18, du passt in VH, MH passt auf 36. Du hast keine Ahnung, ob NullHand, Karo oder Kreuz gereizt wurde und kannst das maximal an deinem Blatt erkennen.

gleiche Reizposition: MH passt bis einschließlich 24.
Du kannst davon ausgehen, dass dein MS einen der 2 Alten hat, aber er könnte auch ohne mehr gereizt haben und abbrechen, weil er mit einem dieser Buben sein Spiel verlieren würde.

Nächstes Problem: Du musst erstmal das Reizverhalten (sofern vorhanden) von deinen Gegenspielern kennen lernen und wissen, ob sie ihre Spiele halten oder nicht, oder ob sie auf einfache Spiele gehen oder ihre Spiele ausreizen. Und allerlei anderes Zeug. Also beobachte erstmal die Spieler, was sie mit welchem Blatt so anstellen.

Was die Verwirrung durch schlechtes oder bewusst verwirrendes Reizen angeht:
Zu allererst wird dadurch der AS verwirrt, da er drücken muss und sich für ein Spiel entscheiden muss. Dir als MS können immer noch durch das Spiel Informationen gegeben werden.

Z.B.: zukünftiger MS in VH, AS in MH, du in HH
dein MS passt auf 22 und der AS sagt daraufhin Grand an und lässt Pik-10 drin.

Vielleicht hatte dein MS aber auch viel Kreuz und viel Pik und kann deswegen auch mit Kreuz kommen.

Das schlimmste sind die Leute ohne Reizverhalten, die bis 22 gehen und denen danach einfällt, dass sie doch kein Spiel haben. Da hast du keine Chance, irgendwie auf sie zu reagieren.

Schlumpfie, 21. August 2018, um 19:27

Skat ist doch wie Pokern....bei Turnieren reize ich auch gerne mit obwohl ich nichts auf der Hand habe. Man bringt den Gegenspieler dazu evtl. Hand spielen zu müssen. Liegt aber immer im Gefühl....wenn mir einer direkt gegenüber sitzt...kann man da ein " Gefühl " für entwickeln. Das zweite gute daran.....die Gegenspieler können sich nicht auf dich einstellen. Unfair finde ich das nicht....ist halt Skat und kein Mau Mau....:)

Schlumpfie, 21. August 2018, um 19:31

Merkury....der Bayern Fan hat bestimmt auf null ouvert gereizt als Ausweichmöglichkeit karo.....Grand war dir zu riskant ?

sylerl, 21. August 2018, um 19:46

Hallo fun-Junkie,

vielen Dank für die von dir genannten Beispiele, die selbst für mich absolut nachvollziehbar und plausibel sind.

Am vergangenen Sonntag hatte ich aber ein Exemplar am Tisch, was mehr zu dem im letzten Absatz beschriebenen Fall passt: Mitspieler sagt erstmal 18, überlegt dann und dann fällt ihm auf, dass er eigentlich doch nicht spielen möchte. So ein Reizverhalten bzw. Nicht-Reizverhalten finde ich irgendwie nervig, weil man - wie Du mit Recht sagtest - dadurch keine Chance hat irgendwie zu reagieren.

Und meines Erachtens geht durch diese Unberechenbarkeit dann auch viel von der Schönheit des Spiels verloren, vergleichbar mit einer Schachpartie, die nicht auf Strategie aufgebaut ist sondern bei der ein Spieler versucht, den anderen in 10 Zügen mit taktischen Tricks aufs Kreuz zu legen und der dann, wenn der Gegner nicht auf die Tricks hereinfällt, nach den 10 Zügen selbst aufgabereif ist.

sylerl, 21. August 2018, um 20:03

Hallo Schlumpfie,

Zitat: ...bei Turnieren reize ich auch gerne mit obwohl ich nichts auf der Hand
habe. Man bringt den Gegenspieler dazu evtl. Hand spielen zu müssen.
Liegt aber immer im Gefühl...

Ist das wirklich erfolgversprechend mitzureizen, wenn man gar nicht selbst spielen möchte? Wenn Dich das Gefühl mal einen Abend trügt, dann verlierst Du aber nen Haufen Deiner Spiele oder sehe ich das falsch?

Ich habe einmal gelernt: Erst überlegen, was man spielen möchte und dann entsprechend reizen oder wenn man kein spielbares Blatt hat, einfach mal die Klappe halten :o)

Ramare, 21. August 2018, um 22:40

Sylerl:
was das richtige Reizen angeht, sehe ich das so wie du.
Es ist elementar wichtig!

Bei 18 gibt es aber eine Art Ausnahme!
Es kommt doch häufig vor, dass man ein schlecht spielbares Blatt hat.
Mit dem Stock aber könnte es etwas werden.
Und dann sage ich in MH auch gerne mal 18.
Passe aber bei 20

Ramare, 21. August 2018, um 22:42

Schlumpfie:
ich empfehle dir wirklich, dein Reizverhalten bei Turnieren zu überdenken.

Mit deinem jetzigen wirst du kaum bis gar nicht Preise gewinnen können.......,deine Tischpartner dadurch allerdings leider auch nicht.

fun-junkie, 22. August 2018, um 00:15

#246.918.689
Das schlimmste, was ich dieses Jahr glaube erlebt habe, von den Aussagen, die man durchs Reizen gewinnt:

Ob ich mit meinem Blatt übers Null heben sollte oder nicht, darüber kann man sicherlich streiten, aber nach dem Reizverhalten von MidnightLad erwartet man nur einem der 2 Alten bei ihm und human, also 2-1 verteilte Buben und auch etwas mehr Pik bei ihm und dass ich meine Pik-10 durchbekomme, da er irgendwann mit Pik antritt.

Das ist ja im Normalfall eine 27, damit einem alle Möglichkeiten offen stehen oder zumindest eine 24, wenn man übers Null heben will, aber eine 22 kann ich mir mit diesem Blatt in keinster Weise erklären

Schlumpfie, 22. August 2018, um 08:01
zuletzt bearbeitet am 22. August 2018, um 08:01

Hallo sylerl, hallo Ramare.....Turniere gewinnt man nicht mit defensiven Spiel...das ist Fakt...möchte da jemand widersprechen ? Aber ich sagte ja auch mit Gefühl hochreizen. Man kann Spielern teilweise ansehen wann sie unbedingt spielen möchten. Allerdings sollte man natürlich immer ein Ausweichspiel im Repertoire haben.Natürlich kann das auch mal in die Hose gehen. Dann landet man weiter hinten....oder man gewinnt....Poker halt ....in diesem Sinne Euer Schlumpfie 😄

Johnny_5, 22. August 2018, um 09:01

Hier auch son Ding:
Spiel#251.560.999
Hinterher werde ich gefragt, warum ich nicht bis 40 mitgehe. Warum ich bis 23 mitgehalten habe, kann ich im Nachhinein auch nicht mehr sehen :-) , aber die 40 sind mir dabei zu riskant.
Was meint ihr?
Achso noch zum Thema auch evtl. was mich verleitet hat:
Man kann natürlich auch früher weg sagen, wenn man sich vor einem Buben im Skat fürchtet, der einem dann die Ansage vesauen würde.

sylerl, 22. August 2018, um 09:34
zuletzt bearbeitet am 22. August 2018, um 09:35

Hallo fun-junkie, hallo Schlumpfie,

das Beispiel von fun-junkie nebst seinen Erklärungen finde ich extrem gut. In der Tat sind die Reizgebote beider Tischpartner auch für mich aus deren Karten nicht logisch herleitbar und ich kann absolut nachvollziehen, dass man sich über so etwas enorm ärgern kann - im Idealfall geht es dann noch um etwas und so ein Spiel kostet den Turniersieg.

Ich würde so ein Reizverhalten auch gar nicht als "defensiv" bezeichnen. "Defensiv" wäre es, wenn beide Tischpartner sich gar nicht am Reizen beteiligt hätten. Hier geht es aber nur darum, fun-junkie in etwas hereinzureiten ohne jede positive Idee für ein eigenes Spiel. Und jetzt gebrauche ich mal ein hoffentlich passendes Bild aus dem Fußball: Will der Abwehrspieler mit einer Grätsche den Ball erreichen, kommt etwas zu spät und trifft den Angreifer gibt´s die gelbe Karte. Ist der Ball mehrere Meter weg und der Abwehrspieler grätscht den Angreifer um, dann gibt´s die rote Karte. Es geht bei der Strafbemessung also darum, ob der Verteidiger etwas Positives erreichen möchte (den Ball erreichen) oder absichtlich etwas Negatives erreichen will (Gegner umtreten). Und so würde ich auch das auch sehen, wenn es darum geht, ob ein solches Reizverhalten legitim ist oder eben nicht.

Kartenvernichter, 22. August 2018, um 09:41

Die 999 kann man anreizen. Wahrscheinlich steige ich aber dann auch bei Null aus. Die halte ich mir offen, um bei schlechter Finde noch günstig aus der Sache raus zu kommen.
Bei Null aussteigen halte ich bei Bedarf noch für legitim, das man nichts falsches über sein Blatt verrät. Schwierig ist es immer, wenn man beim reizen auf einmal Schiss bekommt und bei einem Reizwert aussteigt, der so rein gar nichts mit dem Blatt auf der Hand zu tun hat. Im Beispiel der 999 wäre 33 so ein Reizwert, der einem dann ein Pik mit oder ohne 2 suggeriert, was so absolut nicht zutrifft.

sylerl, 22. August 2018, um 09:45
Dieser Eintrag wurde entfernt.

Ramare, 22. August 2018, um 10:17

Mich interessieren Bauern im Stock nicht.
Mist einer da, der mein Blatt versaut, dann ist es nunmal so.
Ich dürfte ja dann nie mehr ein Blatt ohne 4en über 24 reizen.
(soll aber auch nicht heißen, dass ich immer voll durchreize)

Sollte ich dennoch unruhig werden, steige ich immer bei meinem Reizwert aus.
Habe ich ein Pik ohne dreien, dann steige ich bei 22, 33 oder 44 aus.
Nicht aber bei 27, 40 oder sonst was.

Ex-Stubenhocker #85097, 22. August 2018, um 10:36
Dieser Eintrag wurde entfernt.

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