Unterhaltung: paradiesische Zeiten

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 13:22

Gerade eben beim Lesen der Bildzeitung (ja, ja, wir kennen sie alle und kennen auch alle das Geläster darüber), genauer gesagt beim Überfliegen der Schlagzeilen, fiel mir eine sofort ins Auge:

"Justizminister will Mörder abschaffen!" Wow, das haut einen um. Wie macht er das? Warum heißt es nicht "Mord" abschaffen - weiß zwar auch nicht, wie das gehen sollte, aber es würde einfach besser passen, denk ich mir! Doch dann durchzuckt es mich: Es kann doch nicht die Ankündigung der Wiedereinführung der Todesstrafe sein? Und wenn, wie kann eine Zeitung so empathielos über so eine Neuerung berichten? Doch dann, beim näheren Herangehen und der Umstellung meiner Gleitsichtbrille des Rätsels Lösung: "Justizminister will das Wort "Mörder" abschaffen! Alles klar!

Das ganze stammt natürlich aus einer anderen Quelle: ..... meldete der "Spiegel": "Darin (Reformbericht zum Mordparagraphen [211 STGB] empfehlen die Experten u. a. die Begriffe "Mörder" und "Totschläger" aus dem Strafrecht zu streichen. Begründung: Die Begriffe stammten aus der Nazi-Zeit, seien daher nicht mehr zeitgemäß." Dass man da nicht früher draufgekommen ist.

Wie werden nun diese "Täter" zukünftig bezeichnet werden. "Töter" wäre doch etwas zu nah an "Täter" und würde Missverständnisse vorprogrammieren. Mancher Betrüger wäre dann wegen eines simplen Druckfehlers plötzlich zum Mörder, äh, na ja, zum "vorsätzlichen Beender menschlichen Lebens" abgestempelt. Habe ich das neue Wort gefunden? Kaum. Viel zu lang, klingt auch blöde. Wie wäre es denn mit "Kainer" (der war doch der erste, oder irre ich mich? Aber das doch lang vor den Nazis, dieser Brudermord? Na ja, die klugen Verwalter der PC werden es schon richten).

Ex-Stubenhocker #172322, 29. Juni 2015, um 13:24

Wir schaffen uns früher oder später doch alle ab,da kommts auf ein paar Mörder auch nicht mehr an.

heidi69, 29. Juni 2015, um 13:26
zuletzt bearbeitet am 29. Juni 2015, um 13:27

Mörder ein Begriff aus der Nazi Zeit?
Todbringer wäre ein hübscher Ersatz

Ex-Stubenhocker #172322, 29. Juni 2015, um 13:28
Dieser Eintrag wurde entfernt.

moshpit84, 29. Juni 2015, um 13:52

Tja, wenn das so weitergehen wird, dann ist der 1. Mai irgendwann kein Feiertag mehr...

heidi69, 29. Juni 2015, um 14:00

mhm...dafür dann Muttertag 😉

Ex-Stubenhocker #157894, 29. Juni 2015, um 14:02
zuletzt bearbeitet am 29. Juni 2015, um 14:09

Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht.
Eine illustre Runde sitzt laut SPIEGEL seit 2 Jahren daran den Mordparagraphen zu reformieren.
Das eigene Ministerium hat dem Bundesjustizminister schon abgeraten. Erahnend das es einen Aufschrei in der Bevölkerung gibt.
Die einen sprechen beim Reformstreit schon von "rein akademisch".
Andere halten es für dringend geraten, den Mordparagraphen von 1941, kreiert von Roland Freisler, zu reformieren.
Die Worte "Mörder" und "Totschläger" haben die natürlich nicht erfunden.

Es werden Beispiele genannt. Wie kann ein Rocker, der einen anderen mit der Pumpgun "hinrichtet" mit 6 Jahren Knast als Totschläger davonkommen.
Ein hochbetagter Rentner, überfordert mit der Pflege seiner Frau, will mit seinem Auto gemeinsam Selbstmord begehen.
Er überlebt, gilt aber nun als Mörder der automatisch mit lebenslänglich rechnen muss.
Von "paradiesischen Zeiten" für Mörder kann also keine Rede sein.

Andererseits soll im erweiterten Katalog dann auch noch Tötungen aufgrund ethnischer, religiöser oder rassistischer Motive hinzukommen.

Der SPIEGEL ist da in seinen Berichten der letzten Jahre zum Thema "etwas" erschöpfender als die BILD.

Das alles kann noch Jahre dauern und ob die CDU/CSU dem SPD-Minister da folgen würde ist mehr als fraglich, falls der dann noch im Amt ist.

Das Sommerloch macht sich auch bei der Bild bemerkbar.

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 14:20
zuletzt bearbeitet am 29. Juni 2015, um 14:20

Schön, das wir hier ganz sachlich und umfangreich informiert wurden (falls ich für alle sprechen darf).

Nur, damit keine Missverständnisse auftreten. Bei der Wahl der Überschrift meinte ich nicht, dass "für Mörder" paradiesische Zeiten kämen, sondern dass die paradiesischen Zeiten darin bestehen, dass es eben keine Mörder (und damit auch keine Morde) mehr gibt.

Ich muss auch ausdrücklich erwähnen, dass du, Dagwood, offensichtlich aus deiner Erkenntnis heraus, "John kann keine gute Satire schreiben" auch meine Absicht nicht erkennen konntest.

Also: Der Beitrag SOLLTE eine Satire sein. Asche über mein unfähiges Haupt!

LittleJoe, 29. Juni 2015, um 14:23

Sterbehelfer o. Lebensbeender.

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 14:33

menschlicher Sensenmann
Bevölkerungsüberschussregulierer

Mal ganz was anderes: an dem WORT "Mörder" hatte ich noch nie was auszusetzen; dachte ich mir sowieso, dass die Verbindung zur Nazizeit eine Zeitungsente ist (ob nun der journalistische wertvolle "Spiegel" oder die primitive Boulevardzeitung "Bild" diese verbrochen hat, sei mal dahingestellt). Ich habe jedenfalls aus der Bild zitiert.

Mit dem Begriff "Totschlag" hatte ich jedoch schon immer Probleme, auch wenn mir der Unterschied seit Jahrzehnten ein Begriff ist.

Die von Dagwood zitierten Beispiele zeigen auch - doch ganz eindeutig - dass Rechtsempfinden sich durchaus unterscheiden kann von dem, was geurteilt wird.

Ich hätte jedenfalls keine Probleme damit, den Rocker als "Mörder" zu bezeichnen, bei dem Rentner würde mir dieser Begriff nie über die Lippen kommen.

Ex-Stubenhocker #157894, 29. Juni 2015, um 15:18

Also die Verbindung zur Nazi-Zeit ist schon gegeben. Er betrifft aber nicht das Wort Mörder sondern den Mordparagraphen von 1941, kreiert von dem berüchtigten Roland Freisler, des Präsidenten des Volksgerichtshofes und wohl übelster NS-Jurist. Er definierte den Täter-Typ der nach heutiger Auffassung als überholt gilt.

Siehe das Beispiel mit dem Rentner.

Aber ich glaube den aufgefangenen Stimmen des Spiegels. Mitarbeiter im Justizministerium sehen wohl die Sache "rein akademisch".

Die Sache mit dem "Rechtsempfinden" ist auch so ein Problem. Wird ein besonders brutales Verbrechen wochenlang in den Medien geschildert, nebst allen Einzelheiten, den Meinungen von Freunden und Verwandten des Opfers, wird das Strafmaß immer als zu gering empfunden.

Das geben Juristen stets zu bedenken. Es gilt Rechtsnormen zu befolgen. Diese lassen sich natürlich ändern. Das ist aber nicht Sache der Staatsanwälte und Richter sondern des Gesetzgebers.

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 16:11

Also, alfacoder, wie kann man nur einen Satz so missverstehen? Dagwood hat zwei Beispiele genannt, in denen er Tötungstaten darstellte. Als Täter, bzw. Töter kamen als Subjekte (sprachlich gesehen, man muss hier scheinbar auf alles aufpassen!) die Bezeichnungen Rocker und Rentner. Auf diese Subjekte habe ich mich bezogen. Hätte er Namen genannt, so hätte ich mich auf diese bezogen! Oder noch deutlicher: Ein Rocker kann ein Mörder oder auch ein Totschläger sein, ein Rentner ebenso.

In der Sache geht es doch unter anderem darum, dass ich Dagwood folgendes klarmachen will: Das Rechtsempfinden eines Bürgers (auf das er selbstverständlich ein RECHT hat) ist unabhängig von einem derzeit geltenden Gesetz. Autsch, wie könnte man diesen Satz wieder auffassen? Nur so viel, er hat nichts, aber gar nichts, mit Anarchie zu tun.

Also: wenn ich jemanden heute einen Mörder nenne und der BEGRIFF wird morgen abgeschafft, dann nenne ich ihn auch morgen noch einen Mörder.

LittleJoe, 29. Juni 2015, um 16:18

Dann kann er dich verklagen! ;-))

Ex-Stubenhocker #157894, 29. Juni 2015, um 16:23

Rentner verklagen einen doch dauernd, da reicht ein Maschendrahtzaun.

Rocker verhauen ein eher.

Da ist es eher eine Sache des Schmerzempfindens als des Rechtsempfindens mit wem man sich da anlegt.

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 17:31
zuletzt bearbeitet am 29. Juni 2015, um 17:33

Auf diese Klage würde ich gerne warten!

Doch merkt denn eigentlich niemand, dass es hier letztlich um Meinungsfreiheit geht. die - natürlich - irgendwo ihre Grenzen hat, doch die sind absolut noch nicht da, wo eine eigene Meinung sich von der Rechtsmeinung oder offiziellen Meinung oder auch political correctness unterscheidet.

Und wenn's irgendwie geht, ziehen wir nicht wieder die Extrembeispiele aus unseligen Zeiten heran oder bemühen wir nicht wieder die farbigen Afroamerikaner, sondern bleiben bei dem Thema, das man vielleicht so formulieren könnte: "Sind Mörder immer Mörder und Totschläger immer Totschläger?"

Ex-Stubenhocker #180711, 29. Juni 2015, um 17:38

"mir ist schlecht!"

bertolt brecht

"mir ist schlechter!"

f.k.wächter

georgbest, 29. Juni 2015, um 17:50

... und isch bin angelo und habe gar kein auto.

georgbest, 29. Juni 2015, um 17:53

Mörder sind nicht immer Mörder, denn ab und zu müssen sie auch mal etwas essen. Für Totschläger dürfte ähnliches gelten.

Ex-Stubenhocker #186, 29. Juni 2015, um 18:29

na toll, das trifft ja die Thematik voll ins Schwarze! 👏 Mein Humorsensor ist gerade mal wieder offline.

steffekk, 29. Juni 2015, um 18:35

der Dingsbums ist immer der Mörder .

heidi69, 29. Juni 2015, um 18:44

ein Schlachter ist auch ein Totschläger...

heidi69, 29. Juni 2015, um 18:45

Bzw wenn früher bei uns ein Huhn keine Eier mehr gelegt hat,ein Axtmörder...

georgbest, 29. Juni 2015, um 18:56

John2:
Wie war noch mal die Ein- oder Ausgangsfrage?

heidi69, 29. Juni 2015, um 19:01

Das Huhn war dann im Paradies

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